2008-10-08

Der Konsum bestimmt die Geschichte.

Noch eine Anmerkung zum Thema Bildung:

Nun begab es sich im frühen 21sten Jahrhundert daß die globale Konsum-Leitkultur von den Menschen in den Vereinigten Staaten bestimmt wurde. Die Menschen in den Vereinigten Staaten sind stark von den christlichen Weisungen geprägt und prägen über ihre populären Kultur-Exporte den Rest der Welt. Ohne Kenntnis der christlichen Weisungen ist das begleitende Rahmenwerk dieser Exporte nur schwer zu verstehen - trotz Synchronisation. Wer nicht zumindest einmal die USA besucht hat, wird ungläubig der populärsten Zeichentrickserie aller Zeiten zusehen [Die Simpsons], oder verwundert aus dem Kino wanken wenn mal wieder New York zerstört wurde.

Ein diesen Kulturexport begleitender Trend macht noch mehr Angst: Zunehmend stammt das allgemeine Verständnis historischer Begebenheiten aus populären Verfilmungen und ersetzt die in wissenschaftlicher Literatur und in der Schule vermittelte Sicht der Geschichte. Aus dramaturgischen Gründen kämpfen frühe Menschen mit Dinosauriern, helfen Mamuts bei der Errichtung der Pyramiden, und Menschen aus der Zukunft sorgen für Recht und Ordnung, wenn die Gier der heute real existierenden Menschen mal wieder Überhand nimmt.

Diese haarsträubenden Geschichten werden leicht verdaulich in fetzig-bewegte - neuerdings sogar 3D-Breitwandbilder - verpackt, dem pubertierenden Nachwuchs statt langweiliger Hausaufgaben dargeboten, wird dieses Pseudo-Wissen zum vorherrschenden Allgemeingut in einer Gemeinschaft der Leichtgläubigen.

Entsprechend ist nach dem Geschichts- der Religions-Unterricht der nächste Kandidat, der durch konsumierte Unterhaltung ersetzt wird.

Kinder lernen für ihr Leben und nicht für den PISA-Test

Wobei es die meisten unserer redseligen Politiker wohl genau anders herum sehen, denn anscheinend fühlen sie sich durch das Abschneiden "ihres Volkes" im Ländervergleichs-PISA-Test benotet und meinen in ihrer Aufgeschreckte-Hühner-Manier etwas an unserem Bildungssystem drehen zu müssen.

Nein, es ist doch so dass unsere nachwachsenden Menschen bestimmte Dinge erst mit bestimmten Alter, nach Erwerb von entsprechenden Vorkenntissen Lernen = Begreifen. Das vergleichsweise einfach umzusetzende Lernen = Behalten reicht nun vielleicht noch für den PISA-Test, hat aber wenig mit unser modernen Realität zu tun.

Lesen und Schreiben klappt oft schon im Kindergartenalter - aaaber - das Gelesene auch zu Verstehen, Umzusetzen, zu Hinterfragen, mit anderen Beobachtungen zu verknüpfen, braucht noch viel mehr Zeit und einen gehörigen Schuss Mut in der Erziehung.

Sei nicht verschwiegen daß unser Schulsystem von Leuten erfunden wurde, die möglichst viele getreue Untertanen heranzüchten mussten. Die Zeit der totalitären Regime in Westeuropa ist aber schon lange vorbei, wiewohl manch große Koalition oder selbstherrliche Präsidenten die Rückkehr ein anderes Zeitalter glauben lassen.

Aktueller Anlass zur Diskussion ist die Einführung der sogenannten Portfolio-Arbeit in den Kindergärten einiger Bundesländer - wird damit der Grundstein für eine Bewerbungsmappe für den späteren Bildungs- und Berufsweg gelegt?!? Kinder werden nach jahrhunderte währendem Frontalunterricht mit Kleinprojekten und Auswahl nach ihren Fähigkeiten aber doch sinnvoller ins Leben begleitet als mit Zensuren und Abschlusspapieren, auf die man in deutschen Landen immer noch viel zu viel Wert legt.

Schliddert Frankreich wieder in einen heissen Herbst?

Passend zum Thema Polizei und Vorstädte hatten wir in letzter Zeit einige mutige Reportagen im französischen Fernsehen (FR3) gesehen, die ausführlich über das Herumgeeiere in der französischen Vorstadtpolitik, sowie dem offensichtlichen Konflikt zwischen der BCBG-Ministerin und ihrer volksnahen Staatssekretärin berichteten. [Anmerkung, FR3 ist mit seinen Reportagen und Interviews um einiges bissiger als die deutschen Staatsmedien]

Ich habe einige Jahre in Sichtweite der sagenhaften Trabantenstädte gewohnt, denn wohlmeinende Kollegen hatten mich ausdrücklich vor diesen Wohnvierteln gewarnt. Und wirklich, einmal dort gelandet kommen die Bewohner kaum wieder heraus - katholische Segregierungspolitik hin oder her. Wer nur mit der S-Bahn "RER" den Großraum Paris und die Städchen an den Bahnhöfen besucht sieht wenig von der Misere, denn alle RER-Linien sind von einem Speckgürtel höherpreisiger Wohn- und Arbeitsgebiete umgeben.

Aber entlang vergessener Landstraßen, in der Nähe von Autobahnen ohne Ausfahrt, oder hinter wegen Fluglärm / Bodenverschmutzung / Militär unbebauter Brachfläche .. lauert manch niedliche Hochhaussiedlung im Stile der 70er-Jahre-Euphorie. Nach lange vergessenen Jahren der Vollbeschäftigung ist die dort angesiedelte Bevölkerung in die Armut gealtert, der Beton bröckelt, und die Verbindung zur Aussenwelt, die Busse, fahren immer seltener seit einige angezündet wurden.

Nur ein Beispiel zur gezielten Vernachlässigung ist die seit Ende der 80er Jahre geplante Ring-RER, basierend auf BEREITS VORHANDENEN Eisenbahn-Trassen. Hier wurde jahrzehntelang absolut nichts unternommen, wohl um den zentralen Charakter von Paris zu wahren und die Immobilienpreise in der Hauptstadt hoch zu halten. So sehr die Präsidentenwahl letztes Jahr vom Opportunismus geprägt war, so sehr wird die Innenpolitik dieses Jahr vernachlässigt - muss es erst wieder ein heisser Herbst werden?!?

Vielleicht wird es kommen wie bei Asterix: ein paar Tropfen Zaubertrunk und die Vegetation holt sich die Ghettos der französischen Bevölkerungspolitik zurück?

Nichtwähler räumen bei der Landtagswahl ab. Heute: Bayern.

Ich wiederhole mich nicht gerne, aber eine Landtagswahl im bayrischen Spätsommer zur Wiesn-Zeit mit Biergartenwetter, die sollte doch mehr als ein..zwei tumbe Geister in der Republik wecken: Die Nichtwähler haben mit knapp 42 Prozent fast so viele Stimmen, wie denn die bayrische CSU im amtlichen offiziellen Endergebnis. In Wirklichkeit - und diese exisitiert nicht in den Staats-Medien, sondern nur in einer Vielzahl Blogs und InterNetseiten - gibt es folgende Prozente für die repäsentierbaren Parteien:

Nichtwähler 41,9
CSU 25,2
SPD 10,8
Grüne 5,5
FW 5,9
FDP 4,6
Linke 2,5

Heuer stecken die Nichtwähler BEQUEM die ersten drei Parteien in die Tasche, aber natürlich ist diese Wahrheit UNBEQUEM. Also tut man als sei nichts geschehen, wechselt das unselige Führungsduo und man verteilt die vorhandenen Pfründe unter den "gewählten" Repräsentanten. Bei einer angemessenen Repräsentation der Nichtwähler würden die restlichen Hansels und Gretels es unmöglich schaffen, überhaupt irgendeine Regierung zustande zu bringen, wie es das virtuelle Regiment der Frau Ypsilanti in Hessen zeigt.

Die endlose Geschichte .. eine U-Bahn in Karlsruhe?!?

Bei Amazon in den Buchbesprechungen zur Stadtplanung gefunden: "When I was in university taking urban planning over 25 years ago, Jane Jacobs was required reading. It was the only book on the book list that I have since re-read. Ms. Jacobs outlook on the development of community and her examples of healthy and unhealthy communities is as pertinent today as it was 25 years ago. Her concepts of making our communities safe by keeping people on the streets is critical. Her ideas on mixing land uses to keep areas active all the time and returning to the old lifestyles of shop owners living above their stores, are critical to the safe and happy communities. Knowing your neighbours, not blocking views with garages and fences...sitting on your front porch with your after dinner coffee watching the children play games and tending your garden and meeting your neighbours...these are the things we need to get back to - and these are not neo-traditional, they are good common sense."

Der Schlüsselsatz ist wohl: keeping people on the streets [to make the community safe]. Menschen nicht in Autos oder gar unter die Erde verbannen, damit die Nachbarschaft weiterhin sicher bleibt. Menschen die auf eine Straßenbahn warten geben unser leblosen Innenstadt ein wenig Leben zurück wo sonst nur Kommerz das Straßenbild beherrscht. Oder möchten wir Karlsruhe in eine Touristenfalle à la Heidelberg - auch dort fahren Straßenbahnen durch die Straßen - verwandeln? Karlsruhe ist leider keine Zwangsstation für alle "3-days 7-countries of Europe"-Touren, so bleibt uns dieses Schicksal hoffentlich erspart. Mit Heidelberg gemeinsam haben wir in Karlsruhe einen ziemlichen Abstand zwischen Hauptbahnhof und Kern-Innenstadt. Als ich vor nunmehr 30 Jahren meine erste große Deutschlandtour - mit TramperTicket der Bundesbahn und Jugendherbergen - machte, war dies wenig praktisch. Aber genau so hinderlich ist es den Autoverkehr auf einer Stadtautobahn am Zentrum vorbeizuführen, da dies zwangsläufig zu eine Abgrenzung "dahinter" führt, wie sonst nur die Schmuddelquartiere hinterm Hauptbahnhof. Die Stadtautobahn Südtangente hat ihre Berechtigung, die Stadtautobahn Kriegstraße hat diese nicht!

Bleibt darauf zu pochen, dass die neue Kriegstraße wirklich "auf jeden Fall" kommt, wie dies von den offiziellen Befürwortern der U-Bahn nur allzu oft vollmundig versprochen wurde.