2011-01-09

Sylvester 2010 - Ein Tag auf dem Berg.

Sieht aus wie auf dem Mond oder in einer algerischen Geröllwüste, ist aber auf halber Höhe von Spaniens höchstem Berg, und damit ist nicht deren Schuldenberg gemeint.

Die Kenner werden es schon gewusst haben, wir waren mal wieder ums Jahresende auf einer Insel die von Passatwinden profitiert, soll heißen eine Seite ist grün und die andere eher wie der Hintergrund hier. So wie ich in den Neunzigern fünfmal die Hawaii-Inseln besucht habe, haben mich die Nulliger des 21sten Jahrhunderts fünfmal auf die Kanarischen Inseln geführt!

Heuer war es Teneriffa, die abwechslungsreichste der Kanaren. Gespannt ob all der Krisenmeldungen von spanischen Finanzen und den ebenfalls angeschlagenen Euroländern der PIGS Gruppe war ich dann doch erstaunt ein halbwegs heiles Urlaubsparadies vorzufinden. Bauruinen gibt es auch in anderen Ferienorten, leerstehende Häuser kennen wir aus Südfrankreich zuhauf [es ist dort gewinnbringender, Immobilien zehn..fünfzehn Jahre leer stehen zu lassen, dann als "unbewohnt" steuerfrei verkaufen], hier liegt es vermutlich an den überkommenen Preisvorstellungen für neue Immobilien, wie sie im Südwesten der Insel reichlich vorzufinden sind. Alle Makler prahlen zwar mit Preissenkungen zwischen 10 und 20 Prozent, aber angesichts der überzogenen Ausgangspreise wird auch niemand die reduzierten Preise zahlen.

Im Vergleich mit der von mir seit den 70er Jahren besuchten Cote d'Azur finden sich in kanarischen Urlaubsparadiesen nur wenige Immobilienhändler - Andenkenläden [generische Chinaware mit Aufdruck des jeweiligen Ortes], Strandartikel, Convenience-Stores, kleine Supermärkte und dubiose Elektronikläden [dazu mehr unten] dominieren weiterhin den touristenbezogenen Einzelhandel. Es wird wohl eher woanders mit den Immobilien gehandelt .. oder auch nicht, denn "se vende" prangt in englisch oder russisch an sehr vielen der neueren Häusern für Ausländer. Nun muss aber auch erwähnt werden daß einige dieser Immobilien eine gute Stunde Fussmarsch von der Küste entfernt "mit Meerblick" schwindelerregend hoch in die Felsen gebaut sind. Über einer solchen Wohnanlage weht die russische Fahne, hier wird wie in den guten Zeiten der französischen Riviera überwiegend Schwarzgeld investiert sein. Einige der weit hinter der Autobahn gelegenen Anlagen könnten dank ihrer Unerreichbarkeit, trostlosen Architektur, hohen Mauern und bewaffneten Wachpersonal auch als Gefängnis dienen. Dort ist noch viel Potential - es gibt ausser dem Shoppingcenter "Gan Sur" keine richtige Einkaufsmöglichkeit in Torviscas Alta - die Belegungsrate der Ausländerquartiere in der Hauptsaison um die Jahreswende schwankt um die zwanzig Prozent. Früher wurden solche Schrottimmobilien gerne als Time-Sharing vermarktet, aber nur noch die erstaunlich reichlich angereisten russischen Touristen scheinen dafür noch begeisterbar zu sein.

Wohngebiete für Einheimische machen einen weit besser bewohnten Eindruck, aber den jungen Familien die die mit "drei Jahre garantiertem Niedrigzins" begonnenen Hypotheken noch weitere zwanzig .. dreissig Jahre abbezahlen müssen, sei nichts geneidet.

PS. Als Gadgetfreak - ich schrieb 1997 mal für eine deutschsprachige Webseite zum Thema Digitalkameras - seien noch ein paar Worte zu den rätselhaften Elektronik- und Fotoläden angemerkt: Viele haben ein durchaus antikes Sortiment von Direktimporten (ohne europäische Garantie) oder B-Ware (gerne auch "refurbished" aus Kundenrückgaben) - so gibt es problemlos sogar Spiegelreflex-Kameras für APS-Film zu kaufen. Einige dieser Läden haben sogar noch Kleinlabors zum Sofortentwickeln von Kleinbild oder - der Ende der 90er Jahre als letzes neues Format gehypten - APS Filmen. Andere bieten Zubehör für iPod erste Generation und auch vieles mehr was man in Deutschland nur noch auf eBay findet - zum Beispiel zweite Generation Digitalkameras mit 3 (drei!) Megapixeln von 2002. Die Preise in diesen Läden orientieren sich an englischen HighStreet Geschäften (Dixons etc.), aber aufgrund des siechenden Pfundes - sehen wir 2011 die Euro/Pfund Parität? - geht kaum ein britscher Urlauber noch shoppen, auf den Kanaren. Ähnlich verwaist wie diese unglücklichen High-Tech Geschäfte sind nur noch die ehemals florierenden Parfümläden. Auf den Kanaren hat man anscheinend noch nicht mitbekommen, das Urlauber sich zwar alles in Ruhe anschauen, aber dann daheim online bestellen. Während am Strand die ersten Urlauber mit iPad und Kindle auftauchen, wurden die Touristen-Elektronik-Läden von der digitalen Revolution total abgehängt - einer bot mir Speicherkarten für bessere Fotos an, immerhin.

Wer wirklich Fotogerät oder Unterhaltungselektronik kaufen möchte: Auf den Inseln gibt es in Las Palmas und Santa Cruz Filialen von MediaMarkt mit zeitgemässem Angebot und Preisen.

PPS. Noch mehr merkwürdiges aus der Touristenbelästigungsbranche aka. mobile Händler: Chinesen die nur SPANISCH sprechen .. lustig, denn die Reihenfolge der Sprachen auf der Promenade ist: 1. Deutsch, 2. Englisch, 3. Italienisch, 4. Russisch, 5. Französisch, 6. Spanisch, 7. Skandinavisch, 8. Flämisch. Oder wollen die Chinesen doch Spanien kaufen und schicken schon mal Spione die garantiert nichts verkaufen, vor?