2013-05-17

Generation Hochdach Golf

Ob nun Golf Plus oder Tiguan [und ähnliche Gefährte vom Schlag eines einsteigefreundlichen X1, Q1 oder gar .. Mokka?!?], - da fahren sie nun, die Helden unserer Kindheit! Manchmal wünschen wir ihnen ein Nachtsichtgerät und vor allem den Spurhalteassistent, aber auf solchen Schnickschnack pfeifen sie noch.
Denn damals, ja Anfang der 70er Jahre, als es mit dem der Post abgeluchsten L319 aus Sindelfingen nach Goa ging. Auf dem Landweg. Mit Handschaltung und Zwischengas. Gerne mit der Dieselversion denn da konnte man Heizöl und Rapsschnaps mit verfeuern. Und ohne all den elektronischen Schnickschnack ohne den man heute kein Auto mehr bekommt.
 In Deutschland gab es zweispurige Autobahnen und nur selten wurden unsere Helden der Jugend von schwarzqualmenden Lastwagen überholt. Österreich durfte noch ohne Pickerl durchquert werden und dann begann auch schon der Balkan, was damals meistens Jugoslawien hieß. Eine Qual der Wahl war, ob über das sozialistische Bulgarien oder das für Altsprachler interessantere Griechenland gefahren wurde. Egal, bald fing die Türkei an. Es ging mit der Fähre über den Bosporus denn die Brücke war erst Mitte der 70er fertig. Und dann wurde unsere Vorgängergeneration von den Weiten Anatoliens empfangen. Zwar noch nicht mit Steinwürfen wie dies Radwanderer aus den 80er Jahren berichteten, dafür mit der Frage ob hier links oder rechts gefahren wird und eigentlich hat der Mercedes mit seinem Stern ja immer Vorfahrt. Wer sich hier sein Gefährt nicht hat abkaufen lassen - einige wild bemalte Daimler bevölkern seit dieser Zeit den Nahen Osten - der gelangte nach Wochen der Strapazen an die persische Grenze. Dort herrschte damals der Schah - eine in westlichen Frauenmagazinen wohlbekannte Figur - und dank ersten Erfolgen in der Erdölförderung brauchte auch unser Daimler keine Salatölinjektionen. Hier ging es auf den Spuren von Karl May mitten durchs Land, vom Roten Meer hielt man wegen der Piraten Abstand und gelangten meist einen Monat nach Abfahrt aus dem wolkenverhangenen Berchtesgadener Land ins sonnige Belutschistan.
Mit zunehmender Reisezeit hatten sich unsere Alternativurlauber an den Orient akklimatisiert und auch keine Probleme mehr mit der zünftigen Übergabe von glitzerndem bayrischem Bakschisch an lokale Honoratioren. Dies beschleunigte die Fahrt manchmal, machte manch unpassierbare Straße zum wohlasphaltiertem Highway, denn die Karten der damaligen Zeit waren sich oft uneins über die wahren Verhältnisse der Wege zwischen zwei Orten. Was hätten sie damals für ein Handy mit Google Earth gegeben. So wurde halt der lokalen Bevölkerung gegeben und mit etwas Glück gab es auch mal starken Tabak zum Rauchen statt der gewohnten Steinwürfe oder Fußtritte.
Ein paar -zig Jahre zu spät waren die letzten wirklich Landreisenden nun mit dem künstlichen Staatengebilde Pakistan konfrontiert. Wegen hoher Gebirgspässe war Afghanistan schon damals keine Reise wert und es bestand Gefahr daß der bis hierher vielfach geflickte L319 dort endgültig seinen Geist aufgäbe. Die heutige Generation Rollkoffer [ich schrieb hier bereits darüber] braucht sich bei der Bundeswehr nur nicht allzu dämlich anzustellen und schon gibt es genau diese Reise mit dem gepanzerten Mercedes Unimog durch Afghanistan. Damals hatte man auch gerne bewaffnete Gesellen im L319 dabei, denn das lokale Banditentum war noch nicht zum Drogenhandel konvertiert.
Und Pakistan war nicht Indien wenn auch hier schon der Indus aus den schneegekrönten Spitzen des Himalayas ins breite Tal von Hyderabad floss. Es sollte ja an den Strand von Goa gehen.
Mit etwas List und dem westdeutschen Bundesadler auf Papier wurde manch erlösendes Passagevisum durch die islamische Republik ergattert. Hier ging es nun eben wegen der Berge immer am Meer entlang, von Gwadar nach Karatschi und schließlich ins gelobte Land. Viele wählten die Route über Rajastan nach Delhi um in der deutschen Botschaft erstmal mit Geld aus der Heimat aufzutanken und frisch gestärkt den indischen Subkontinent zu erkunden.