2015-01-26

Neues Jahr .. Neues Glück?!

Nun buddelt sich in meiner Stadt ein Wurm durch den Untergrund, der uns in einigen Jahren eine U-Bahn bescheren wird, wenn denn das Geld reicht, denn wie immer bei solch politisch motivierten Großprojekten wurde im Vorfeld alles optimiert um das Projekt genehmigt zu bekommen, und nun lesen die wissenden Bürger in Karlsruhe alle paar Wochen von neuen "Überraschungen" mit denen sich das ambitionierte U-Bahn Projekt konfrontiert sieht. Hat man wohl beim Optimieren die Sicherheitspolster in der Projektplanung einfach unter den Tisch fallen lassen. Aber genug der Nörgelei, schauen wir ein wenig über das Badische Rheintal hinaus:

Auf der Homepage des Wurm-Herstellers finden sich andere Projekte, in allen Winkeln der Erde, eine neue U-Bahn Linie in London, ein Tunnel unter dem Meer in China. China .. China hat in den letzten 30 Jahren megamäßig in Infrastruktur investiert, so zum Beispiel einige tausend Kilometer Hochgeschwindigkeits-Zug-Gleise verlegt, oder wichtige urbane Zentren mit ebenjenen Tunnelbohrmaschinen U-Bahn-fähig gemacht.

Genauer, im Süden Chinas, nicht weit von HongKong und Macau, erstreckt sich eine urbane Landschaft mit weit über 50 Millionen Einwohnern, das Ruhrgebiet ist eine menschenleere Gartenidylle dagegen. Hauptstadt der Provinz Guangdong ist das ehemalige Kanton, nun besser als Guangzhou bekannt. Dort graben sich auch Würmer der deutschen Tunnelbauschmiede durch den Untergrund. Sollte man meinen, wenn für eine europäische Großstadt ein..zwei solche Maschinen ausreichen, werkeln bei den Chinesen vielleicht ein knappes Dutzend im Untergrund? Weit gefehlt. Auch nicht zwei Dutzend, sondern einundfünfzig (51!) Tunnelbohr-mit-Betonschalen-auskleide-Maschinen sind dort im Einsatz. Einundfünfzig! Da sehen unsere europäischen Großprojekte eher wie Sandkastenspiele aus.

James Fallows schreibt denn auch als langjähriger China-Kenner daß Shenzhen der eigentliche Motor Chinas ist, und Städte wie Bejing und Shanghai wegen Regierung und Handel zwar bekannter sind, aber in der Provinz Guangdong die vielen meist elektronischen Dinge hergestellt werden, ohne die wir in der sogenannten ersten Welt nicht mehr kommunizieren können.

Zur Anschauung hier gleich ein Link auf das chinesische YouTube, der Happy Song aus Shenzhen:

Shenzhen Version des Happy Songs

Update 09-2015: Der Wurm ist wieder da! Nach einem knappen Jahr im heimischen Sand und Kiesboden, nach einigen eingeplanten unvorhersehbaren Zwangshalten, offenbar weniger wegen unvermutet auftauchender Granitfindlinge, sondern weil der Matsch aus Sand und Bohrflüssigkeit sich woandershin verflüchtet hat und der Bohrer quasi im Leerlauf nicht mehr vorran kam.

2014-10-22

Das Leben Vertwittert

Nun leben wir schon seit einigen Jahren mit diesem gut vernetzten Kurznachrichtendienst, aber so recht einen benutzenswerten Wert kann ich der Sache nicht abgewinnen.
Twitter ist in den Medien sehr beliebt und wird oft lobend erwähnt .. aber dies doch wohl weil es Journalisten sind die sich durch Twitter auf dem Laufenden halten. Für Journalisten das ideale Werkzeug um über kurze Mitteilungen - keine langen emails von denen bestenfalls fünf (5) Zeilen gelesen werden - etwas neues zu erfahren. Dazu muss man dann nur noch den Personen "folgen" die für einen selbst lohnenswerte Informationen über Twitter an ihre Gefolgschaft absetzen. Soweit sogut.
Man kann natürlich über die kleinen Informationsschnipsel auch auf ausgedehntere Texte oder Bilder hingewiesen werden, dann befindet man sich rasch wieder im normalen Internet wie ich dies seit bald über 20 Jahren kenne. Dort habe ich in den letzten zehn Jahren eine Handvoll Blogs kennengelernt und abonniert, sozusagen. Zeitunglesen ist dadurch vollkommen überflüssig geworden, da viele Zeitungsjournalisten die selben Quellen beackern.
Weil ich kein Journalist bin und empfindlich gegen plumpen Populismus und Abschreiberei versuche ich den Quellen der Information nahe und unverfälscht zu bekommen. Über Tweets- und die vielfach häufiger auftretenden Re-Tweets wird die ursprüngliche Information viel zu rasch verwässert.

2014-07-21

Leichen als Geiseln, oder Der Flug über das Banditenland

In diesem Jahr möchte niemand mit der Fluggesellschaft Malaysian Airlines tauschen. Zwei Flugzeuge vom Typ Boeing 777 verloren, ohne eigenes Verschulden. Während nach bald einen halben Jahr der Flug MH370 immer noch spurlos, vermutlich irgendwo im Indischen Ozean verschwunden ist, gibt es um die zweite Maschine MH17 kaum weniger Rätsel. Liegt sie doch seit einigen Tagen in der Ost-Ukraine zerstreut in den Feldern der ländlichen Gegend und wird von zwielichtigen Gestalten in zusammengewürfelten Militäruniformen scharf bewacht. Die Bewacher bezeichnen sich selbst als Separatisten, und würden sie dies in Russland tun, wären sie rasch als Terroristen wirksam bekämpft. Nun geben sie sich aber pro-Russisch und das Ganze findet in den ärmlichen Teilen der wenig glückreichen Ukraine statt. So findet im Hochsommer 2014 ein munteres Fingerzeigen statt, wer denn für den noch lange nicht zweifelsfrei geklärten Abschuss der malaysischen Boeing verantwortlich sein könnte. Vermutlich war es ein Zufall, daß es nicht eine Maschine der Aeroflot, der Lufthansa, oder gar Singapore Airlines getroffen (sic!) hat, die bis zum 17. Juli oft in über 10 Kilometer Höhe über die von zänkischem Volk umkämpfte Ost-Ukraine geflogen sind. Wie bei früheren Abschüssen von Zivilmaschinen kann es auch für Flug MH17 Jahrzehnte bis zum Bekanntwerden der wirklichen Absturzursache dauern, ich erinnere hier nur an Korean 007, oder Iran-Air 655, mit jeweils ähnlich hohen Opferzahlen.
Und die beim Absturz des Fluges MH17 ums Leben gekommenen Passagiere und Besatzungsmitglieder werden noch eine Weile brauchen, bis sie zur letzten Ruhe kommen.
Denn wie schon gesagt, der Flecken Erde auf den sie gefallen sind, ist nicht mit Reichtümern gesegnet, und obendrein derzeit ganz und gar nicht für professionelles Bergungspersonal zugänglich. So lagern die über zweihundert Leichen in einem ausrangierten Güterzug unter der sengenden Sonne des ostukrainischen Hochsommers. Seit Tagen. Quasi als Geiseln der pro-russischen Befreiungsfront der Ost-Ukraine.

2014-01-03

18 Jahre INTERNET [Linkbait ohne Mehrwert: Apple, Bitcoins, Twitter]

Das Internet wird erwachsen. Nun bin ich seit über 18 Jahren dabei und erinnere mich noch gut an die ersten Minuten auf Compuserve Online. Mit Ach und Krach unter Windows 3.1 die Verbindung zum Modem und auf den nächsten Festnetz-Einwahlknoten hinbekommen.

Heutzutage gibt es kaum noch ein neues Stück Consumer-Elektronik, sei es Fernseher, Smartphone, Digitalkamera oder Mikrowellenherd, welches nicht erstmal mit WLAN, WiFi, oder Ethernet-Kabel mit dem heimischen DSL-Modem ins Internet verbunden werden muss, damit die neueste Firmware heruntergeladen werden kann, damit das Gerät halbwegs brauchbar funktioniert. Wo das kabelgebundenene Internet noch nicht so richtig hin kommt, gibt es seit 2012 eine zweite Chance: LTE oder zumindest UMTS 3G Mobiltelefonie erreichen mittlererweile auch entlegene Ecken der Republik.

Soweit zur Technik, aber was bringt dieses "Neuland" wie es unsere alte und neue Bundeskanzlerin erst 2013 noch nannte?

Überwachung für alle. Spass beiseite, aber daß die USA mit der NSA alle Daten die sie bekommen können, auch ordentlich nach interessanten Informationen durchsuchen, sollte ihnen kaum jemand übel nehmen. Ist ja für unser alle Sicherheit. Und ganz nebenbei gelangt Wissen, um jeden von uns unter Druck setzen zu können, in die Hände der Obrigkeit. Sie haben Spesen immer genauestens abgerechnet? In der Jugend Marihuana geraucht? Zigaretten am Zoll vorbeigeschmuggelt? Mit Obrigkeit haben wir in Deutschland ja kein Problem mit. Bei uns in Deutschland steht ja nicht gerade "Lebe Frei oder Sterbe" auf unseren perfekt-maschinenlesbaren Auto-Nummernschildern.

Sicherer ist mein Leben mit dem Internet nicht wirklich geworden, nur bequemer. DIE Hauptmotivation für neue Geschäftsmodelle und Services, ähem, innovative Startups für Kommunikation und Konsum. Amazon war unter den ersten, und ich bestelle schon seit über 10 Jahren fleißig Bücher, meist englischsprachige die im lokalen Buchhandel nur auf Bestellung lieferbar sind. "Bestellen kann ich selber" - entgegne ich seitdem jedem Händler der von mir gewünschte Ware nicht vorrätig hat. Durch die Bücher hatte Amazon den Fuß in der Tür und mittlererweile kennt mich der DHL Paketbote recht gut.

Noch länger kaufe ich nur bei eBay ein, wenn man das so nennen möchte - und eBay möchte gerne diesen Eindruck erwecken - seit rund 15 Jahren schicke ich also mein Geld an fremde Menschen, die mir im Gegenzug den von mir bereits bezahlten Artikel zusenden. Oder auch nicht: In den letzten zehn Jahren habe ich etwa 2500 Euro durch Betrug über eBay verloren. eBay selbst ist keine nennenswerte Hilfe bei wirklichen Problemen, die Polizei auch nicht. Aber mit eBay kann ich viele Dinge einfach mal "auf Verdacht" erwerben und bei Nichtgefallen ohne großen Verlust weiterverkaufen. Meist Fotografisches Gerät, so habe ich Erfahrung mit über fünfzig Digitalkameras, und mir einen harten Kern von optimalem Gerät zusammengekauft, gut gerüstet für jede Situation. Die meisten Apparate mit lichtstarken Objektiven, damit ich meinen Mitmenschen in Situationen mit wenig Licht nicht durch herzloses Herumgeblitze den Eindruck des Moments zerstöre.

Nicht alle Menschen sind so rücksichtsvoll, die kapitalistische "schneller, billiger, williger, ich mach alle platt" Mentalität geht aus dem Wirtschaftsleben mehr und mehr in unser normales Zusammenleben über. Da wird ungehemmt in Museen, Kirchen, und Theatern geblitzt, da wird im Zugabteil, im Krankenhaus, im Kino lautstark mit dem Handy telefoniert, da brummt das dickste SUV durch die Innenstadt "um etwas zu besorgen", da wird im Internet herumgepöbelt als wäre der Aschermittwochsparteitag einer bayrischen Volkspartei ein Damenkränzchen.

Womit wir bei den schwarzen Seiten der Internet-immer-international-Verbundenheit sind. Kaum ein Forum, ein Blog, eine News-Seite die noch Kommentare ohne Moderation veröffentlichen. Shitstorms ziehen über jeden her der ein wenig von der sogenannten politisch korrekten Meinung abweicht, gar "gesunden Menschenverstand" dem Gebot der Masse voranstellt. Die Invasion der Dummen, nenne ich es mal so, sorgt seit einigen Jahren oft dafür daß selbst tolerante wohlmeinende Mitmenschen sich mit Grausen abwenden.

2013-09-25

Deutschland im Nachsommer

Während über dem Südwesten eifrig die Sonne Solarstrom liefert, wird dem Norden eher Windkraft von durchziehenden Tiefdruckausläufern beschert.

Immerhin, in den letzten 10 Jahren hat sich gewaltiges in der Energieerzeugung dieser Republik gewandelt. So konnten bedenkenlos einige der störanfälligen Atomkraftwerke abgeschaltet werden, denn bis zu 20 Prozent des Stroms kommen je nach Wetter aus den erneuerbaren Energien, sprich Windkraft und Solar. Und relativ unbemerkt von den innerstädtischen Menschenmengen haben Biogasanlagen das flache Land überzogen. Nun kann auch in der Einöde vielerorts dezentral elektrischer Strom generiert werden, damit vielleicht bald wieder Menschen in die entvölkerten Landstriche Nord- und Ostdeutschlands ziehen und den ländlichen Gegenden Deutschlands ein neues Leben geben?

Neues Leben für die Politik gab es im September, zeitgleich zur Frankfurter Automesse wurde in Hessen, Bayern und als Sahnehäubchen in der ganzen Bundesrepublik ein neues Parlament gewählt. Zu meinem ausdrücklichen Erstaunen mit fast-DDR-mäßiger Wahlbeteiligung deutlich über 70 Prozent so daß die Nichtwähler nur noch knapp vor der CDU in den Bundestag eingezogen wären, wenn es denn endlich die von mir seit Langem verlangte Repräsentation von Nichtwählern dort gäbe.

Dann gibt es noch Wähler die zwar den Zettel in die Urne bekommen, aber entweder nichts angekreuzt haben, oder nichts eindeutig gewählt haben. Immerhin 1,6 Prozent! Über eine halbe Millionen Stimmen vergeudet in unserem Land. Schon mal locker mehr als die NPD oder die vielgepriesenen Freien Wähler. Mit ihren Direktkandidaten hatte die FDP zwar eine Million Stimmen eingeheimst, aber seien wir doch ehrlich, denen weint wirklich keiner mehr nach. Weit ausgeglichener das Verhältnis Erst- zu Zweitstimme bei den Grünen, der Linken, und den Piraten. Hier wird Ideologie gewählt, statt Person. Mehr als einen Achtungserfolg erzielte die AfD, als aktuelles Sammelbecken der Protestwähler.

Drohen uns jetzt italienische Verhältnisse? Eine geduldete Minderheitsregierung, oder ohne richtige Not eine große Koalition?

2013-07-03

Die lassen es krachen!

Die hunderste Tour de France hat nach vier Tagen eine für europäische Ohren neue Mannschaft ganz vorne:
1) Am ersten Tag gewinnt Orica-Greenedge die Buswertung indem sie ihren Mannschaftsbus dekorativ unter der Zieleinfahrt einklemmen, und damit sogar die Ankunft der ersten Etappe in Frage stellen, denn da steht ja für bange Minuten der Bus und kommt nicht weg.
 
http://www.youtube.com/watch?v=IysrERmAOFc


2) Am dritten Tag gewinnt einer ihrer Fahrer die Etappe.
3) Und am vierten Tag gewinnen sie das Mannschaftszeitfahren und das gelbe Trikot.

Ein Blick auf die Wikipedia-Seite der Hauptsponsoren zeichnet ein etwas düsteres Bild, zeichnet sich Orica dort als Lieferant gefährlicher Chemikalien und Sprengstoffe für Minenunternehmen aus.

But hey, these guys rock!

2013-06-01

Malle im 21sten Jahrhundert

Während daheim die Heizung bollert - der Juni ist gekommen - haben wir ein paar Gedanken aus dem 17. Bundesland zusammengetragen

In der Nebensaison gibt es durchaus traumhafte Strände mit azurblauem Wasser an denen man sich nicht gegenseitig platt tritt, doch wer auf der Suche nach dem Ursprünglichen von vielen Zeitschriften und Reiseführern hochgelobten Mallorca ist .. hat es schwer. Der gemeine Tourist des 21. Jahrhunderts wird durch drei Schichten Sicherheitsverwahrung von der hier real lebenden Bevölkerung sowie jeglicher Mallorca-Romantik abgeschirmt.

1. Ihre All-Inklusive Hotelanlage. 

Mit integriertem Wellness und Fitness (Indoor-Biking!) ohne das Gelände zu verlassen, nebst Laden für chinesische Souvenirs wo Mallorca draufsteht, und seit über zehn Jahren wird sowieso alles in Euro bezahlt, also immerhin ohne lästige Geldwechslerei wie etwa in der Türkei oder in Nordafrika, wenn man dort mal ausserhalb der Anlage etwas unternehmen wollen würde. Diese Touristen-Konzentrations-Anlagen entstanden meist in den 90er Jahren als sich Mallorca allmählich bewusst wurde welchen Schaden der Bauboom der 70er Jahre angerichtet hatte. Es kleben durchweg vier spanische Sterne am Eingang zu diesen Erlebnisparadiesen. Einen halben Stern wohl für das schnurgebundene Telefon im Zimmer, einen weiteren halben Stern für die Tag und Nacht besetzte Rezeption, und mit den verbleibenden drei Sternen sind wir der Realität schon ein gutes Stück näher. Während das All-Inklusive Volk durch regelmäßige Mahlzeiten - Verpflegung den verbleibenden Sternen entsprechend - und wohlorganisierte Kinderverwahrung (je nach Hotel-Kette in deutsch oder englisch) in Schach gehalten wird, ist das Informationsangebot im hoteleigenen Kabelfernsehen .. beschränkt. Es gibt zwar ARD und ZDF, aber für ein Drittes oder gar ARTE hat es nicht gereicht. Von den Öffentlich-Rechtlichen hat es immerhin KiKa geschafft, denn die Kinderverwahrung wird nur zu bestimmten Zeiten angeboten. Für Österreicher und Schweizer gibt es 3Sat. Das Erwachsenen-Entertainment beschränkt sich auf zweimal SuperRTL und DSF, nebst den obligatorischen spanischen Kanälen. Vermutlich gibt es "technische Gründe" für diese Auswahl. Tageszeitungen habe ich am Pool nur eine Sorte gesehen, die man auch aus drei..vier Metern Entfernung schon ganz gut lesen kann. Einen Vorteil dieser Anlagen möchte ich dann doch nicht verschweigen, hier drinnen werden Sie nicht von afrikanischen Brillen- und Uhrenverkäufern belästig, und auch die chinesischen Massage-Ladies schaffen es nicht an ihren Rücken, hier.

2. Ihr Hotel in einer Touristen-Hochburg. 

Wer nicht von All-Inklusive verwahrtwöhnt wird, dem ist der Aufenthalt in gemeinschaftsfördernden Urlaubsorten angedient. Hier gibt es alles für den zünftigen Ghettobewohner, in vertrauter urbaner Gestalt. Nein, diese Orte wurden nicht im Krieg zerbombt wie das heimelige Hannover, Pforzheim, Oberhausen, aber auch Sheffield, und Swindon, denn immer wieder wird hier mit der englischen Fahne gewedelt. Nach dem Krieg sind hier sind Gier und Korruption der Kern der Urbanisation und es gibt einige Gebäude im Originalzustand (!) aus den frühen siebziger Jahren. Noch ältere Bauten sind oft schon dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen, denn auch im sonnigen Mallorca hält Beton nicht ewig und wenn der Balkon unter dem Liegestuhl wegbröselt, bekommen das rasch die einschlägigen Reiseunternehmen mit und buchen ihre Kontingente woanders. Auf Mallorca haben wir vier richtig heftige Ansammlungen von Touristen-Betonsilos lokalisiert: neben klassischem Ballermann El Arenal gleich beim Flughafen gibt es im Westen das Konglomerat Palma Nova - Santa Ponsa, im Osten das schmalstrandige Cala Millor und ein besuchenswertes skurilles Ensemble von Bausünden in Can Picafort. Wer sich nichts aus 70er Jahre Beton im Originalzustand macht, kann den Blick in der Horizontalen belassen und wird mit buntester Reklame für Supermarket nebst Spirituosen und Strandartikeln belohnt. Dazwischen wird deutsches und/oder englisches Bier ausgeschenkt und die hier allgegenwärtigen senegalesischen Brillen- oder Uhrenverkäufer tuscheln was von "best price" ohne diesen Preis je zu nennen - Geschäftsmodell Geldwäsche? Bei manchen Geschäften an der Strandpromenade - China-Ramsch, Elektroschrott, ja selbst Duty Free gibt es! - scheint dies die einzig mögliche Erklärung zu sein. Preise und Angebot sind an zahlungskräftige Briten und Skandinavier gerichtet, immerhin gibt es in Cala Millor auch einen Lidl in dem sich deutsche Urlauber gleich heimisch fühlen dürfen. Aldi hat es auf Mallorca nicht, dafür den nordspanischen Discounter "Eroski". Neben Shopping und in der Sonne liegen gibt es als Hauptattraktion wohl den Konsum von Alkohol, besonders Skandinavier werden hier mit Schnaps zum Preis von skandinavischem Bier geködert. Am drittgrößten spanischen Flughafen mit seinen rund 80 Gates sahen wir viele Menschen mit gleichfarbigen T-Shirts die eine frohe Freizeitgemeinschaft verheissen: Fussballfreunde, Kegelklub, Reservisten .. Bier-aus-dem-Eimer-Trinker.

3. Die alle Aktivitäten umfassende Suburbane Urlaubslandschaft. 

Das idyllische Mallorca wie es sich unseren Vorfahren in der Mitte des letzten Jahrhunderts dargeboten hat, als sie mit propellerbewehrten Condors die Insel erobert haben .. gibt es nicht mehr. Aus, vorbei. Nix. Wenn Sie was finden sollten dann ist es gespielt, künstlich, extra für Sie inszeniert. Im frühen 21sten Jahrhundert hat der letzte Bauboom der spanischen Geschichte einen breiten Streifen in Küstennähe, aber auch weite Landstriche im Innenland .. zersiedelt. Zum Beispiel das ehemals ländliche Son Servera ist inzwischen mit dem oben erwähnten Cala Millor zusammengewachsen. Golfplätze, Kartbahnen, Aquapark, Schnellstraße ins "urige Fischerdorf" Cala Ratjada. Wo es im letzten Jahrhundert neben der buckeligen Landstraße noch ein wenig Finca-Idylle gegeben haben mag, sind unzählige Parzellen mit Ferienhäuschen entstanden, gerne auch im trocken-heißen Landesinneren in der Nähe der Autobahn. Womit wir bei der dritten Gruppe Urlauber gelandet sind. Sie kommen zwar auch mit AirBerlin (gefühlt mehr Flugzeuge in PMI als in TXL), TUIfly, oder EasyJet, aber fahren dann mit dem Leihwagen zum angemieteten Häuschen. Schon in der Nebensaison bestreiten diese knuddeligen Mietwagen (von Kia Picanto über Polo und Corsa bis Seat Mii) über die Hälfte des Straßenverkehrs im Nordosten und Süden der Insel. Nur in Palma haben die Einheimischen die Oberhand gerne auch mit IB-Kennzeichen denn auf der Nachbarinsel Ibiza gibt es nicht genug Platz für alte Mietwagen. Viele Straßen auf Mallorca sind sehr gut ausgebaut, neben den vorzüglichen Gratis-Autobahnen gibt es einen mautpflichtigen Tunnel nach Soller. So sparen sich die Besucher der provencalisch anmutenden Nordküste einige Kurbelei und die serpentinenreiche Bergstraße ist frei für die zahlreichen Hobby- und Semi-Profi-Radler.