2009-10-01

IAA 2009 - Autos für Firmen & Junggesellen


Aus der Glanzzeit der Konjunktur - Sommer 2008, als viele Banken per Geldschieberei kräftige Gewinne einheimsten und mit den Boni den Luxusmobilmarkt aufblähten - gab es heuer noch eine Menge funkel-glitzernde Neuerungen zu bestaunen.

Also: Erst mal berichte ich von denen die im fernen Osten blieben: Honda, Mitsubishi, Nissan, und Daihatsu werden in wenigen Wochen in Tokyo ihre neuen Produkte vorstellen; Honda preschte derweil mit dem Billig-Hybrid Insight durch die Fußgängerzone. Immerhin Mazda, Subaru, Suzuki, und Toyota hielten der IAA die Treue. Vor allem Toyota, die schon vor 6 Jahren den globalen Hybridtrend einläuteten und die nun mit allergrünstem Marketing glänzen. Die dritte Generation Prius fährt immerhin auf Knopfdruck rein elektrisch, wie ich dies vor 4 Jahren schon angefragt hatte. So ganz der Weisheit letzer Schluss ist die elektrische Zusatz- oder Alternativmotorisierung aber noch nicht, dies kümmerte aber kaum einen der großen Hersteller wiewohl nicht wenige ihre meist freizeitorientierten Mobile reichlich mit Fahrrädern garnierten. Einzig die von Renault gesponsorten Rumänen hatten den Mut ein Fahrrad als fest integrierten Bestandteil ihrer Studie "Duster" zu zeigen!

Von einer Automesse kann kaum erwartet werden für eine Verhaltensänderung weg vom Automobil zu werben, obwohl schon auf dem diesjährigen IAA-Plakat nur noch ein virtuelles Automobil zu ahnen war. Tief in der Halle 9 versteckte sich das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Stadtentwicklung ist der Schlüssel für eine ganze Reihe Verkehrsprobleme denen man kaum mit neuen Glitzermobilen denn eher mit Anreizen mal eben nicht "das Auto zu nehmen" zu Leibe rücken wird.

Womit wir gleich beim nächsten Thema sind, die Brot und Butter Autos der verschiedenen Konzerne und ihrer Töchter fanden kaum Beachtung, einzig der neue Astra muss Opel über'n Berg helfen. Elegant ist der Astra ja, aber im Vergleich zum Kadett nun wahrlich kein Auto mehr für Leute die kleine Brötchen backen. Volkswagen hatte mit seinem biederen sechser-Golf vorgelegt, von den deutschen Herstellern wollte keiner nachziehen. Einzig einige der zahlreich erschienenen asiatischen Autos schaffen noch das Attribut "langweilig und unscheinbar".

Aber ist dies nicht die Zukunft des Automobils? In der Masse verschwinden, im täglichen Gebrauch ohne Anecken durchkommen und dabei bequem wie ein Filzpantoffel? Für die Bequemlichkeit des Ein- und Aussteigens sorgen die neuen Türkonzepte, wie sie bislang nur im Rolls Royce Phantom und dem neuen Ghost zu haben sind: weitere nach vorn öffnende Türe kommen in den Mini Clubman, Opel (2011er Meriva), und Studien bei Citroen (Revolte), Peugeot, Hyundai (Blue Will), Renault (Zoe), und Dacia (Duster). Mit dem AMG SLS haben Flügeltüren ein erfolgreiches Comeback eingeläutet, ein klappbares Dach gibt es für das 1,xx Liter Mobil von Volkswagen. Bei den Minivans mit Schiebetüren tat sich wenig, für Familienmobile scheint auf der IAA kein Platz zu sein - eine Messe im Land ohne Kinder?

Bei den hochpreisigen Sportwagen wird wegen den ausbleibenden Finanzboni zwar weit weniger gekauft, aber um so lieber geschaut, so gab es zwischen Porsche und Lamborghini noch einige Stände mit Carbonkarossen, Flügeltüren und grimmigem Standpersonal so man denn mal einen tieferen Blick werfen wollte. Apropos Blick, die Models von den Pressetagen sind leider so schnell wieder verschwunden wie der sorgsam zur Wahl präparierte Konjunkturaufschwung.

Als Fazit macht sich in der Automobilindustrie die Angst breit, dass neue Autos nur noch von Firmen, Leihwagenfirmen, Leasingfirmen, und bestenfalls Carsharing-Firmen gekauft werden. Der ehedem klassische Endkunde, Otto Normalverbraucher, schaut zwar (noch), aber kann sich kaum eines der größeren funkelnd fabrikneuen Fahrzeuge leisten, das anhaltende Downsizing in Westeuropa bremst auch die Zuversicht der noch zahlungskräftigen Kreise. Russland zum Beispiel hatte im Sommer 2009 über 50% Umsatzeinbruch gegenüber Sommer 2008 hinzunehmen, in Westeuropa macht sich die Sitte breit, möglichst billige automobile Fortbewegung anzustreben - ohne Rücksicht auf Prestige, moderne Komfortfunktionen, oder Hochglanzpolitur.

Volkes Stimme

Schon nach der Bundestagswahl 2005 hatte ich Zweifel an der Legitimität der selbsternannten Großen Koalition - bei der diesjährigen Wahl ist sie dann endgültig gescheitert. Ob es dem neuen Partner besser ergeht wird die Zeit entscheiden. Kaum glaubhaft wäre die Einlösung auch nur eines der vielen wunderlichen Versprechen aus der ehemaligen Oppositionszeit. Und Bange wird jedem gesunden Menschenverstand angesichts der verbrannten Erde und der herrschenden Augen-zu-und-durch Mentalität bei Problemen im Bankensektor, mit der Gesundheitsreform, bei der Atomenergie, nicht zu vergessen das Rekord-Staats-Defizit - um nur eine Handvoll der herausragenden Leistungen der Großen zu nennen - die Hinterlassenschaften der letzten view Jahre werden uns noch über JAHRZEHNTE beschäftigen! Als wäre dies alles nicht genug, wurden durch die ohne Not erlassenen Zensurgesetze - Sicherheit statt Freiheit! - neue Protestpotentiale geweckt: Die Piratenpartei sieht sich in Anlehnung an den Erfolg der Grünen schon als dritte oder vierte Kraft im Lande.

Bis dahin ist aber noch ein steingemeierter Weg und es sollte uns nicht wundern wenn es mit der neuen Regierung nur weiter runter geht, und dann wartet am Horizont 2020 noch die Super-Krise deren Basis schon vor Jahrzehnten gelegt wurde: Viele der damaligen Verantwortlichen sind nun schon tot oder können sich an nichts erinnern, die damals unter'm Tisch durchgeschobenen Koffer wurden an die Erben verteilt. Nur das polititsche Erbe ist nun ein gewaltiger Scherbenhaufen den die rührige Kanzlerin mit ihrem jungen Adjutanten nun mal bald aufkehren müsste bevor die geburtenstarken Jahrgänge in die sogenannte Rente geschickt werden.

Wichtige Wahlrechtsreformen - Stichwort: Wahlrecht ab 16 - oder eine effektive Einbeziehung der Nichtwähler - erwarten wir in den nächsten vier Jahren nicht, die noch an der Macht Volksvertreter werden kaum dem Pfad der SPD folgen wollen.

Damit sind wir beim Stichwort Nichtwähler angekommen, ob nun die niedrige Wahlbeteiligung am lauen Spätsommerwetter oder am betont langweiligen Wahlkampf liegt? Die Nichtwähler geben ein deutliches Zeichen: das fatalistische Desinteresse an "denen". Würde der Bundestag aus 100% wahlberechtigten Stimmen zusammengesetzt, wären nun knappe 30 Prozent der Sitze leer und so mancher Kandidat müsste unverrichteter Dinge (und ohne Pensionsanspruch) wieder in seinen Wahlkreis zurück. Bei Abstimmungen würden sich die Nichtwähler ganz wie bei der eigentlichen Wahl wieder enthalten, was auf eine Regierung mit bestenfalls relativen Mehrheiten hinausläuft. Groben Unsinn wie aktuell geplante Grundgesetzänderungen kriegen "jene" dann nicht mehr hin, selbst wenn sich das zu 70% gewählte Parlament einig wäre.