2008-03-20

Karlsruhe - Ein Radweg nach Durlach?!?

Zwar befindet sich eine neue Radroute Grötzingen-Durlach-Innenstadt in der Planung, aber so recht wohl ist keinem dabei, der den sogenannten "Radweg" an der Durlacher Allee einmal wirklich mit dem Rad befahren hat. Der Abschnitt zwischen Gottesauer Platz und Durlach kann stadtauswärts bestenfalls als "no go area" beschrieben werden: vorbei an Ruinen, Asylantenheim, letzter Tankstelle geht es über den dreckigen holprigen Radweg zur Autobahn - nun wirklich kein ausgesprochenes Ziel der Radwegnutzer - über verschiedene Eisenbahnbrücken schliesslich nach Durlach hinein, wo wir bei Geradeausfahrt mit einer Sonderspur bis vor die Ampel für die mutige Fahrt belohnt werden!
Wenn es an die Rückfahrt von Durlach in die Stadt geht, erwartet den wackeren Radler noch vor der Autobahn eine halsbrecherische Abfahrt unter der einmündenden Bundesstrasse 10 hindurch - die Querung der Autobahn ist ein Kinderspiel dagegen. Während der Autoverkehr ungehindert gen Karlsruhe braust, haben gesetzestreue Radnutzer ein oder zwei Minuten Verschnaufpause an der Ampel vor dem Möbelhaus. Erst vor der EnBW Zentrale lässt es sich wieder einigermaßen flüssig fahren, und bis zum Durlacher Tor gibt es sogar eine Sonderspur. Vor der Universität bleibt einem Radler die Wahl zwischen Fußweg oder der Fahrbahn, für die sportlicheren unter uns keine Frage..

Welche Alternativen zu diesem Musterbeispiel eines vom Automobilitätsförderungsclub angelegten Radfahrer-Abschiebe-Weg gibt es?

Die Nordroute: Von Durlach über die Hubstraße, am Sportverein und Kleingärten vorbei erreicht man eine für Radfahrer problemlose Querung der Autobahn. Aber der Elfmorgenbruch ist kein Ziel für Autovermeidungsverkehr, und die Straße hinaus zum Industriegebiet Hagsfeld möchte man Zweiradfahrern nicht empfehlen. Also am alten Wertkauf vorbei gekämpft, kommt man schießlich in die Gerwigstraße und zur Universität. Die Fahrt zurück ist leider auch ein rechtes Abenteuer, wurde doch von den Betreibern des Wertkaufs die Benutzung von Zweirädern nicht weiter in Betracht gezogen, und entsprechend darf man sich mit einkaufsgeilen Autofahrer(innen) den Straßenraum "teilen".

Interessanter ist die Südroute: Eigentlich könnte es so schön einfach und vor allem sicher immer an der Bahn lang vom Bahnhof Durlach in die Innenstadt gehen, aber dazu später. Zunächst machen wir einen Abstecher nach Südwesten, die Killisfeldstraße hat zwar keinen richtigen Radweg [geteilt mit Fußgängern, oder auf der anderen Seite, unübersichtlichen Tankstellen], aber wir kommen irgendwie bis zur Ottostraße wo die Stadt sich vor vielen vielen Jahren etwas Mühe gegeben hat. Leider in den letzten Jahren nicht mehr, so ist dem Radler ein Mountainbike wärmstens empfohlen. Gute Bremsen braucht man auch, denn hinter den parkenden Autos wird man leicht unsichtbar für die zahlreichen Abbieger. Hinter der Autobahn kann man auf der Ottostraße bleiben und kommt dann über die Wolfartsweierer Brücke zum Ostring und auf die Ludwig-Erhard-Allee wo ein schöner Radweg kurz vor der Innenstadt ganz einfach aufhört. Abenteuerlicher Höhepunkt ist zweifellos der Unfallschwerpunkt Wolfartsweierer Straße / Stuttgarter Straße, wo nichtsahnende Rechtsabbieger mit einer lustigen Ampelschaltung den Radfahrern vor den Lenker geschubst werden - hier sind Unfälle vorprogrammiert, die manchmal in der Ottostraße lauernde Durlacher Polizei - darauf angesprochen - ist natürlich nicht zuständig.
Also gut, der sehr ortskundige Radler findet eine Alternative für den Weg zum Hauptbahnhof oder in die Südstadt: Am Ende der unscheinbaren Maybachstraße wartet nicht nur der Wertstoffhof des Amtes für Abfallwirtschaft auf unseren Sondermüll, sondern auch ein Radweg nach Karlsruhe! Es geht am Güterbahnhof entlang bis zur Ettlinger Allee. Hinter dem Hauptbahnhof gibt es noch ein paar abenteuerliche Straßenquerungen, und man kann endlich den Radweg an der Alb nutzen, um ohne weitere Komplikationen in die westlichen Stadtteile der sogenannten Radlerstadt zu gelangen.

Was am perfekten Radweg zwischen Durlach und dem Karlsruher Süden fehlt, sind einige hundert Meter an einer Kleingartenkolonie vorbei, der Platz ist vorhanden: Rostige Gleise führen immer noch zum ehemaligen Durlacher Güterbahnhof, der längst von Supermarkt, Altenheim und Immobilienprojekt überwuchert ist. Das fehlende Stück bis zur Maybachstraße führt über ein zwei öde Abstellplätze und unter der Autobahnbrücke hindurch. Wahrscheinlich muß es erst Tote geben, bevor diese einfache und kostengünstige Lösung in Betracht gezogen wird.

[Update Herbst 2008] Einige Meter des schrottigen Radwegs vor den Autohäusern in der Ottostraße werden grunderneuert. Unfallschwerpunkte werden dabei leider nicht entschärft, so lockt die Brötchenbude der Bäckergenossenschaft weiterhin wild parkende Autofahrer auf den Radweg.

2008-03-12

CeBIT 2008

So eine Art Funkausstellung .. für lau?

1977 war ich zum ersten Mal auf der damaligen Hannover-Messe mit ein oder zwei Hallen Elektronische Datenverarbeitung - die damals aufkommenden Mikrocomputer waren zunächst in Halle 9 bei der elektronischen Ausrüstung, zwischen Lötkolben und Funk versteckt. Anfang der 90er war ich ein letzes Mal auf der CeBIT. War damals schon schwer sich zwischen Ständen mit Formel-1 Autos und solchen mit Bikinimädchen zu entscheiden. 2008 - in direkter Konkurrenz zur spätsommerlichen Funkausstellung - ist aus den Centrum der Büro- und Informationstechnik wohl endgültig eine Art Rummel in der Halle geworden. Apropos die Halle, in diesem Jahr erstmal ohne die Halle 1, die nach unbestätigten Gerüchten in eine Art Museum des deutschen High-tech gewandelt werden soll: AEG-Telefunken, Siemens-Nixdorf, Schaub-Lorenz, und wie sie alle hießen.

Die Messeverwaltung feiert jedes Jahr neue Hiobsbotschaften: Nach den in der Hannoverschen Fußgängerzone verteilten Freikarten 2007, wurden dieses Jahr Hinz und Kunz formell richtig über Mailings und per Zeitschrifteneinlage "eingeladen" und es würde mich nicht wundern, wenn die Messe-AG bald auch einige Aussteller mit "Antrittsprämien" nach Hannover lockt. Oder sie bauen ihr "Hospitalitätskonzept" aus und aus der CeBIT wird eine Art norddeutsches Oktoberfest?

Nun, nächstes Jahr kommt die Woche der Wahrheit: 2009 werden CeBIT (03. - 08.03.2009) und Embedded World (03. - 05.03.2009) in der selben Woche stattfinden. Die ganz harten Besucher werden unter der Woche in Nürnberg sein, um dann am Wochenende in der Hauptstadt der norddeutschen Tiefebene zu chillen. Immerhin hat die Embedded es geschafft, sich von Europas größter Biofachmesse loszureißen.

2008-03-08

ITB 2008

Ist Qualitätstourismus die Lösung für unsere südeuropäischen Küsten?

Geschichtlich gesehen gibt es den sogenannten Qualitätstourismus an der Riviera schon seit Mitte des 19ten Jahrhunderts, mit dem Effekt dass zwischen Toulon und La Spezia so ziemlich jeder Fleck mit Meerblick durch mehr oder meist weniger pitoreske Beherbergungsbauten zugepflastert ist.

Die neuerlich wachsende Nachfrage aus Osteuropa und sogar Asien befriedigend, werden immer wieder neue, noch weitestgehend ursprüngliche Küstengebiete per Brandrodung (Griechenland 2007) und durch Übergehen von bestehenden Gesetzen und Bestimmungen (Spanien, Portugal, Korsika, Sardinien, Kroatien, ...) direkt an zahlungskräftige Immobilien-Promoter übergeben - für die Verantwortung-heuchelnden Politiker gibt es sicher einen Obulus ins Liechtensteiner Kässle.

In den 90er Jahren schockte Mallorca den deutschen Billigtouristen mit seinen Plänen zum hochwertigen Tourismus, woraufhin sich die Billig-Willigen an den Stränden der Türkei oder Tunesiens wiederfanden. Mittlererweile ist das Prinzip Qualitätstourismus auf den kanarischen Inseln schon weit fortgeschritten, allein die Ferne von den beschäftigungsarmen Zentren Nordeuropas sorgt für eine Trennung der Touristenströme. Die aus den USA übernommene Kombination von Golfplatz und Eigenheimen verspricht den besten Gewinn, selbst wenn kaufkräftige Clientel vom anderen Ende der Welt herbeigelockt werden muss - entsprechend stehen dann diese die Küsten zersiedelnden Eigenheime und Appartments einen Großteil des Jahres leer. Der den heutigen Käufer einzig interessierende Mehrwert wird durch Spekulation und dahinter stehend schwer durchschaubare Finanzierung und nicht mehr durch Nutzung erzielt.

Macht es Sinn, bisher brach liegende "wilde" oder "trostlose" Küsten mit künstlichem Grün und scharf bewachten Spekulationsobjekten in "Zukunft" zu verwandeln?!?

Der Raubbau an unseren allgemein zugänglichen Resourcen wird sich rächen, die sich an der Gier der Menschen im Wert steigernden Immobilien am Meer werden verfallen, oder vom steigenden Meeresspiegel überschwemmt, und statt ursprünglicher Natur für alle gibt es nur noch die künstliche - global beliebig austauschbare - Urlaubslandschaft für die oberen Zehntausend. Durch diese beliebige Austauschbarkeit aber gräbt sich die hochpreisige Urlaubslandschaft ihr eigenes Grab weil sie kann durch beliebig andere Flecken in der globalisierten Welt ersetzt werden, ob nun am Persischen Golf, in der Karibik oder in Vietnam. Wenn eine Woche im betonnierten Luxusparadies mehr kostet als ein Flug um die halbe Welt, dann ist es ziemlich egal in welchem Winkel der Welt der gut bewachte Urlaub verbracht wird.

Was tun? Nun ist der Rückbau der gewilderten Küsten leider ähnlich kostenspielig wie der Rückbau von Atomkraftwerken, wobei der zehntausend Jahre strahlende Atommüll viel einfacher zu handhaben ist als die aufgescheuchten Rechtsanwälte der privilegierten Küstenbesetzer. So wird es zu unseren Lebenszeiten kaum eine die Menschen befriedigende Lösung geben. Vielleicht werden einige Urlaubslandschaften eine Art Freizeitpark mit reichen Bewohnern, wie es das Fürstentum Monaco vorexerziert. Wahrscheinlicher aber werden, trotz gegenteiliges beteuernder Politiker und Gesetze, weite Bereiche der abgesperrten Küsten von grimmigen Wächtern den Mitliedern des Jetset Lifestyle vorbehalten.

2008-03-04

Art Karlsruhe - 3000 Euro der Quadratmeter Fotografie

Mit ihrer fünften Ausgabe hat sich die Art Karlsruhe als halb-regionale Messe für Gegenwartskunst etabliert, und es gibt für jeden Geschmack und (fast) jeden Geldbeutel etwas. Am Eingang das bei solchen Gelegenheiten obligatorische Fotografieren Verboten, aber einmal drinnen wird dann fleissig fotografiert, denn anders als in Museen ist man nicht sicher, diese Kunstwerke bald wieder so konzentriert zusammen zu sehen. Die meisten machen mit Kompaktknipsen und dem unvermeindlichen Blitzlichtgewitter auf sich aufmerksam, einige schüchterne Handy-Fotografen gibt es, oder meist Profis die über die Messe berichten mit Brigdes und DSLRs.

Bei mir durchweg brauchbare Ergebnisse bei 400 ASA und 16-35mm Brennweite, auch aus der Hüfte geschossen keine Verwackler dabei, der AF der MK-II pickt sich dabei ziemlich sicher das mich interessierende Motiv heraus. Mit solch einer Kamera gab ich mich als schnappschuss-suchender Journalist zu erkennen, und einige gute Fotos sind dabei herausgekommen. Insgesamt hatte ich am Freitag den Eindruck daß es weitgehend professionel zuging, und wohl erst am Wochenende die Prospektesammler und Schnittchenschnorrer in den Messehallen unterwegs sind. In den 90er Jahren war ich öfter auf der FIAC in Paris - damit kann Karlsruhe nun nicht mithalten - aber es gibt hier mittlererweile nennenswerte internationale Beteiligung - und damit ist nicht der obligatorische Bilderhändler aus dem nahen Nachbarland gemeint - sondern zum Beispiel eine Gruppe Galerien aus Südkorea, oder eine Sonderschau zu einem Kunstinstitut aus einem der Vereinigten Emirate.

Die teilweise direkt gegen Barzahlung zu erwerbenden Fotografien sind einerseits oft eindrucksvolle Großabzüge (oder Drucke), wo dann der oben angegebene Quadratmeterpreis gilt, zum anderen meist ältere SW-Abzüge von mehr oder weniger bekannten Fotografen. Leider ist auf der Art Karlsruhe alles nach Galerien geordnet, so dass es einigem Spürsinns bedarf die interessierenden Bilder aufzuspüren. Um die Freunde der Fotografie weiter zu verwirren, gibt es nicht wenige Bilder fotorealistischer Malerei, mit oft verblüffenden Effekten.

Was mir bei der diesjährigen Ausgabe fehlte waren mehr Mulitmedia-installationen und pfiffige Maschinen, und einige der Exponate hatte ich schon vor drei Jahren hier gesehen. Positiv sehe ich die deutlich örtliche Präsenz durch ZKM und Hochschule für Gestaltung, die einige sehr clevere Dinge präsentierten: zum Beispiel die Installation Daimler32 von Wiebke Bachmann, mit dem sie in den Straßen der Stadt das wache Auge erschreckende Videos aufgenommen hat: Riesenlaster fahren an den Dachfenstern der vermeintlichen Wohnung vorbei. Weiter so!