2010-03-18

Wenn der Personaldienstleister ruft ..

Mit den Jahren haben viele von uns mehr Erfahrung mit Personaldienstleister (PDLs) als einige der anrufenden Damen und Herren selbst. Manche Anrufer fallen denn gleich mit der Tür ins Haus und fragen vor allem anderen erst einmal nach Ihrem Stundensatz, als ob diese magische Zahl pauschal für alle Tätigkeiten und Einsatzorte gleich sei.

Es gibt Kunden von PDLs die schreiben regelrechte Kamikaze-Tätigkeiten aus. Personaldienstleister finden  schönende Worte wie "Herausforderung, Durchsetzungsvermögen, Konfliktbereitschaft .." um jemanden zu motivieren mit dem sie noch ordentlich verdienen - zehn Prozent Aufschlag decken kaum die eigenen Kosten.

Nehmen wir an - kein unrealistisches Szenario für erfahrene Professionals - daß der Kunde bereit ist 60..70 Euro netto die Stunde zu zahlen, der PDL sucht also Freiberufler um die 50 Euro.

Jetzt klingelt es bei Ihnen und Sie nennen die verlangten 50 Euro. PDL ist freundlich, Sie freuen sich, alles sieht nach Win-Win aus. 50 Euro die Stunde sind doch 8000 Euro im Monat. WOW! Satte hundertausend Euro pro Jahr, Sie fühlen sich schon als Spitzenverdiener und wollen den Porsche bestellen?!
Aber was bleibt denn wirklich für Sie übrig? Die Faustregel lautet 50 Prozent. Bei kleineren Stundensätzen ein bischen mehr, für Singles und Familienväter eher weniger. Finden Sie hier meine Milchmädchenrechnung dazu:

1.) Kommt die Einkommenssteuer. Weil Sie so viel verdienen, multiplizieren Sie den Betrag im günstigen Fall mit "0,7" - oder nur "0,6" in Steuerklasse 1 und wenn Ihr Lebenspartner auch gut verdient. Da sind die Kosten für Steuerberatung schon mit drin.

2.) Sie werden über die Jahre nicht 100% aller Arbeitstage arbeiten, und selbst der kürzeste arbeitsfreie Tag will "verdient" sein! Nehmen wir 90% der Arbeitstage an, das sind amerikanische 3 Wochen Urlaub und 2 Wochen zwischen den Projekten; bei über 40-jährigen können es auch leicht mal 3 Monate ohne Projekt werden, der günstige Faktor hier ist "0,9" ungünstig kommt ein "0,7" in die Rechung.

3.) Krankenversicherung ist meist Privatvergnügen, hier sind 1000 Euro Beitrag im Monat für eine 4-köpfige Familie keine Seltenheit, nur 25-jährige Singles kommen weit günstiger davon. Für unsere Faktoren bedeutet dies im günstigen Fall "0,95", realistisch sind "0,9" bis "0,85" - je nachdem wie alt und zahlreich Sie sind.

4.) Weitere Abzüge, "oh, nein, stop bitte!" höre ich Sie schon rufen. Aber hier wird es wirklich wichtig denn wir müssen privat für die Tage vorsorgen in denen es keine neuen Aufträge mehr gibt. Für Freiberufler gibt es zum Beispiel den Herrn Rürup mit seiner rührigen Rentenformel. Multiplizieren Sie die übrig bleibende Zahl mit "0,9". Sie sollten auch ans Schwarzgeld im Ausland und andere Investitionen denken, denn wie bei allen staatlichen Programmen ist es kaum sicher daß Rürup Ihnen in der angekündigten Form auch wirklich einmal ausbezahlt wird.

5.) Noch was vergessen? Die Logistik, jetzt kommt der mehr oder weniger günstig gelegene Arbeitsort ins Spiel. Sie können die avisierte Arbeitsstelle bequem in einer halben Stunde per ÖPNV erreichen? Cool, mit der Pendlerpauschale bekommen Sie hier eine "1". Wenn Sie allerdings einen Zweitwagen und eine Zweitwohnung nur für diese hochdotierte Arbeit bezahlen müssen gibt es oft eine "0,9" wenn nicht gar die "0,85" für die edle Zweitwohnung in München oder Stuttgart.

Genug der Abzüge, was bleibt denn nun wirklich übrig?

Im günstigen Fall passt die eingangs erwähnte Faustregel "die Hälfte", denn Sie behalten etwa 0,7 x 0,85 x 0,95 x 0,9 x 1 = 0,52
Und wenn es ungünstig wird?
Bleiben 0,6 * 0,7 * 0,85 * 0,9 * 0,9 = 0,29. Null komma Zwei-Neun!

Im ungünstigen Fall bleibt Ihnen als Freiberufler dreissig Prozent des Stundensatzes als Netto-Erlös. Die meisten von uns werden um die 40 Prozent liegen, mit mehr Kindern zahlen wir weniger Altersvorsorge, die Pendlerpauschale zahlt den klapprigen Zweitwagen und wer im Auto übernachtet [kein Scherz, ich habe mehrere Freiberufler kennen gelernt die im Sommer mit dem Wohnmobil oder vom Campingplatz gekommen sind] spart Pension oder Zweitwohnung. Meist kommen nicht alle ungünstigen Faktoren gleichzeitig ins Spiel, so daß viele Freiberufler einigermaßen über die Runden kommen und die Altersvorsorge, seien wir mal ehrlich .. ist doch nur für alte Leute, oder?

2010-03-11

Platz der Grundrechte, Karlsruhe

Wir sind hier auf dem Platz der Grundrechte in Karlsruhe, es sind nur ein paar Schritte zum Bundesverfassungsgericht, und auch das Schloß sowie die bald umzugrabende Kaiserstraße sind nicht weit.

Wir sehen einige Spuren im Schnee, wie sich die Bürger durch das Wirrwarr der Auslegungen der Grundgesetze schlängeln. Die Schnellen müssen mehr aufpassen als die Langsamen, und wer bedächtig seine Spur wählt, kommt auch ans Ziel. Unsere Bundesregierung ist heute mal wieder nicht dabei, sie hatte letzte Woche von Karlsruhe die rote Karte bekommen. Mal wieder für eines der dummdreisten Gesetze, die populistisch aufgebauscht schnell durchgewunken doch gleich am ersten Hinderniss scheitern. So geschickt wie der unbekannte Fahrradfahrer auf der mittleren Spur sollte es für unsere intelligenten Volksvertreter in Berlin auch möglich sein, grundgesetzkonforme Gesetze auf den Weg zu bringen. Aber vermutlich hängen unsere Volksvertreter auf wichtigen Lobbyisten-Partys herum und geben dann ihre Stimme netten Kollegen, die zwar auch auf der Party waren, aber von der Sache leider gar nichts verstehen.

Liebe Volksvertreter in Berlin, wie wäre es wenn ihr zum Probelaufen oder für die eiligen unter euch auch zum Probefahren durch das Dickicht der Grundgesetze nach Karlsruhe kommt, am besten bevor es die von euch verabschiedeten Gesetze tun? Denn dieser Abschied ist leider häufig nur von kurzer Dauer und Karlsruhe, genauer gesagt das Bundesverfassungsgericht, schickt eure Gesetze pronto subito wieder zurück mit dem Verweis das nächste Mal doch bitte eure Hausaufgaben zu machen. Bevor abgestimmt wird.

Wie wäre es wenn Abgeordnete die im blinden Vertrauen karrierekonform mitstimmen, einfach nach drei Zustimmungen zu Gesetzen welche Karlsruhe dann kassiert, ihren Abgeordnetenstatus mal für ein halbes Jahr verlieren und subito pronto in ihren Heimatwahlkreis zurückgesandt werden?