2008-03-08

ITB 2008

Ist Qualitätstourismus die Lösung für unsere südeuropäischen Küsten?

Geschichtlich gesehen gibt es den sogenannten Qualitätstourismus an der Riviera schon seit Mitte des 19ten Jahrhunderts, mit dem Effekt dass zwischen Toulon und La Spezia so ziemlich jeder Fleck mit Meerblick durch mehr oder meist weniger pitoreske Beherbergungsbauten zugepflastert ist.

Die neuerlich wachsende Nachfrage aus Osteuropa und sogar Asien befriedigend, werden immer wieder neue, noch weitestgehend ursprüngliche Küstengebiete per Brandrodung (Griechenland 2007) und durch Übergehen von bestehenden Gesetzen und Bestimmungen (Spanien, Portugal, Korsika, Sardinien, Kroatien, ...) direkt an zahlungskräftige Immobilien-Promoter übergeben - für die Verantwortung-heuchelnden Politiker gibt es sicher einen Obulus ins Liechtensteiner Kässle.

In den 90er Jahren schockte Mallorca den deutschen Billigtouristen mit seinen Plänen zum hochwertigen Tourismus, woraufhin sich die Billig-Willigen an den Stränden der Türkei oder Tunesiens wiederfanden. Mittlererweile ist das Prinzip Qualitätstourismus auf den kanarischen Inseln schon weit fortgeschritten, allein die Ferne von den beschäftigungsarmen Zentren Nordeuropas sorgt für eine Trennung der Touristenströme. Die aus den USA übernommene Kombination von Golfplatz und Eigenheimen verspricht den besten Gewinn, selbst wenn kaufkräftige Clientel vom anderen Ende der Welt herbeigelockt werden muss - entsprechend stehen dann diese die Küsten zersiedelnden Eigenheime und Appartments einen Großteil des Jahres leer. Der den heutigen Käufer einzig interessierende Mehrwert wird durch Spekulation und dahinter stehend schwer durchschaubare Finanzierung und nicht mehr durch Nutzung erzielt.

Macht es Sinn, bisher brach liegende "wilde" oder "trostlose" Küsten mit künstlichem Grün und scharf bewachten Spekulationsobjekten in "Zukunft" zu verwandeln?!?

Der Raubbau an unseren allgemein zugänglichen Resourcen wird sich rächen, die sich an der Gier der Menschen im Wert steigernden Immobilien am Meer werden verfallen, oder vom steigenden Meeresspiegel überschwemmt, und statt ursprünglicher Natur für alle gibt es nur noch die künstliche - global beliebig austauschbare - Urlaubslandschaft für die oberen Zehntausend. Durch diese beliebige Austauschbarkeit aber gräbt sich die hochpreisige Urlaubslandschaft ihr eigenes Grab weil sie kann durch beliebig andere Flecken in der globalisierten Welt ersetzt werden, ob nun am Persischen Golf, in der Karibik oder in Vietnam. Wenn eine Woche im betonnierten Luxusparadies mehr kostet als ein Flug um die halbe Welt, dann ist es ziemlich egal in welchem Winkel der Welt der gut bewachte Urlaub verbracht wird.

Was tun? Nun ist der Rückbau der gewilderten Küsten leider ähnlich kostenspielig wie der Rückbau von Atomkraftwerken, wobei der zehntausend Jahre strahlende Atommüll viel einfacher zu handhaben ist als die aufgescheuchten Rechtsanwälte der privilegierten Küstenbesetzer. So wird es zu unseren Lebenszeiten kaum eine die Menschen befriedigende Lösung geben. Vielleicht werden einige Urlaubslandschaften eine Art Freizeitpark mit reichen Bewohnern, wie es das Fürstentum Monaco vorexerziert. Wahrscheinlicher aber werden, trotz gegenteiliges beteuernder Politiker und Gesetze, weite Bereiche der abgesperrten Küsten von grimmigen Wächtern den Mitliedern des Jetset Lifestyle vorbehalten.

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